Einsatz von heimischen Körnerleguminosen in der ökologischen Milchviehfütterung: Hydrothermisch behandelte Ackerbohnen zur Proteinversorgung

heimische leguminosen1
Die HTS Ackerbohnen (hydrothermisch behandelten Ackerbohnen), im Bild rechts, wirken im Vergleich zu den unbehandelten Ackerbohnen (Bild, links) dunkler, geröstet und weisen infolge der thermischen Behandlung abgesplitterte Schrotpartikel auf.

Alle Milchproduzenten konnten in den letzten Monaten eine steigende Nachfrage nach gentechnik-frei erzeugter Milch beobachten. Einige etablierte Futtermittel wie zum Beispiel Sojaextraktionsschrot stehen unter diesen Bedingungen nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. In der ökologischen Milcherzeugung wird komplett auf Extraktionsschrote verzichtet. Aus diesen Gründen rücken heimische Proteinträger wie Erbsen, Lupinen und Ackerbohnen zunehmend in den Fokus der Landwirte. Sie sind in den pflanzenbaulichen Fruchtfolgen gut zu integrieren und könnten daher einen Beitrag zur Sicherstellung der Proteinversorgung in der Rinderhaltung leisten. Ernährungsphysiologisch bringen die heimischen Leguminosen Erbse, Lupine und Ackerbohne einige Besonderheiten mit sich. Neben einer relativ großen Schwankungsbreite im Rohproteingehalt sind sie charakterisiert durch eine gleichzeitig hohe ruminale Abbaubarkeit des Rohproteins. Hierdurch sinkt die Versorgung mit im Dünndarm verfügbarem Futterprotein. In der Folge kann es insbesondere bei höheren Milchleistungen zu einer nicht ausreichenden Versorgung der Milchkühe mit nutzbarem Rohprotein (nXP) kommen. Hydrothermische Behandlungsverfahren (HTS) können deshalb interessant sein, um eine Verringerung der Abbaubarkeit des Rohproteins aus Körnerleguminosen im Pansen und somit einen Anstieg der nXP-Gehalte zu erreichen. Es stellt sich die Frage, ob der Einsatz hydrothermisch aufbereiteter Ackerbohnen Auswirkungen auf Leistungsparameter hochleistender Kühe hat.

Versuchsbeschreibung

Im Herbst 2016 wurde ein Teil der im ökologisch geführten Betrieb des Versuchs- und Bildungszentrums Landwirtschaft Haus Riswick geernteten Ackerbohnen einer hydrothermischen Behandlung (Hochtemperatur - Kurzzeitbehandlung) unterzogen. Es folgte ein Fütterungsversuch mit 2 x 20 Milchkühen der Rasse Deutsche Holsteins in allen Laktationsabschnitten. Der Versuch startete am 01.12.2016. Die Hauptversuchszeit mit kontrollierter Fütterung im Stall erstreckte sich bis zum 23.03.2017. Anschließend waren die Kühe in der Vegetationsperiode zusätzlich auf der Weide. Versuchsende war der 30.06.2017. Die Aufteilung in die Kontroll- bzw. Versuchsgruppe erfolgte gleichmäßig nach den Kriterien Laktationsnummer, Laktationstag, Lebendmasse und Körperkondition der Kühe. Futter wurde einmal täglich morgens am Fressgitter in Form einer aufgewerteten Mischration aus Kleegras- und Maissilage im Verhältnis 50:50 sowie 2 kg Lupinen je Kuh und Tag über einen Futtermischwagen für alle Kühe der Herde frisch vorgelegt. Zusätzlich wurden leistungsabhängig zwei Kraftfuttermischungen über Abrufstationen an die Kühe gefüttert. In der Kontrollgruppe erhielten die Tiere ab einer Milchleistung von 22 kg / Tag maximal 6 kg je Tier und Tag. Die Mischung bestand aus einem Drittel Weizen und zwei Dritteln Ackerbohnen. In der Versuchsgruppe erfolgte die Zuteilung des Kraftfutters entsprechend, allerdings mit zwei Dritteln HTS-Ackerbohnen in der Mischung. Die Inhaltsstoffe der eingesetzten Kraftfutterkomponenten sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Durch die hydrothermische Aufbereitung sind der TS-Gehalt, der nXP sowie der UDP 5 - Gehalt der HTS-Ackerbohnen erwartungsgemäß gestiegen.

Tab_1_Inhaltsstoffe der eingesetzten Kraftfutterkomponenten

Die Datenerhebung umfasste täglich die Futteraufnahme aus der Grundration über den Futtermischwagen als Gruppenmittel und die tierindividuellen Kraftfutteraufnahmen über zwei Kraftfutterstationen. Zudem wurden tierindividuelle Milchmengen und Milchinhaltsstoffe 14-tägig durch die Milchleistungsprüfung erhoben. Monatlich sind die Lebendmassen und der Body Condition Score sowie die Rückenfettdicke erfasst worden.

Ergebnisse

Die Kraftfutteraufnahme zwischen den beiden Versuchsgruppen war auf gleichem Niveau (siehe Abbildung 1). In dem gesamten Versuchsabschnitt wurden etwa 2 - 4 kg Kraftfutter je Tier und Tag aufgenommen. Ab der 13. Versuchswoche erfolgte zunehmend Weidegang, so dass das Angebot an Mischration dementsprechend zurück genommen wurde.

abb1 Futteraufnahme aller tiere im gruppenmittel

Die Milchleistungen der mit Ackerbohnen bzw. HTS-Ackerbohnen im Kraftfutter gefütterten Kühe unterschieden sich ebenso nicht. Sie lagen im Gruppenmittel bei 29,3 kg ECM bzw. 29,1 kg ECM (siehe Tabelle 2). Ebenso waren über den gesamten Versuchszeitraum keine Unterschiede in den Milchinhaltsstoffen zwischen den Gruppen zu erkennen.

Tab_2_Leistungsparameter

Die Milch der Tiere der unbehandelten Ackerbohnengruppe wies im Durchschnitt des Versuchszeitraumes leicht höhere Harnstoffwerte auf. Die Eutergesundheit der Probanden beider Gruppen zeigte sich über die gesamte Versuchsphase stabil.

Die Lebendmasseentwicklung der Versuchstiere zeigte ebenfalls keine nennenswerten Unterschiede im Versuchsverlauf (Abbildung 2).

abb 2 Entwicklung der Lebendmasse

Die Tiere der unbehandelten Ackerbohnen - Gruppe wiesen ab der 15. Versuchswoche eine um 0,5 - 1 mm höhere Rückenfettdicke auf im Vergleich zu den Tieren der HTS-Ackerbohnengruppe. Diese minimalen Unterschiede zeigen auch die BCS-Kurvenverläufe. Sie spiegeln sich jedoch nicht in der Lebendmasseentwicklung der Kühe wider.

Zusammenfassung

Dieser Versuch auf Basis von zwei Fütterungsgruppen hat gezeigt, dass der Einsatz von Ackerbohnen in der Milchviehfütterung bis zu einer Menge von 4 kg je Tier und Tag ohne Probleme möglich ist. Es wurden keine Unterschiede hinsichtlich der tierindividuellen Kraftfutteraufnahmen zwischen beiden Gruppen festgestellt. Über den gesamten Versuchszeitraum war die natürliche Milchmenge bei beiden Gruppen gleich. Es waren keine fütterungsbedingten Auswirkungen auf Milchinhaltsstoffe und ECM-Leistung erkennbar. Ebenso waren auch die Lebendmasseentwicklung sowie die Körperkonditionsdaten (BCS und RFD) in beiden Gruppen vergleichbar. Durch die hydrothermische Behandlung der Ackerbohnen konnte keine Verbesserung der Milchleistungsparameter erreicht werden. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die gesamte Herde des ökologisch geführten Betriebs des Versuchs- und Bildungszentrums Landwirtschaft Haus Riswick gleichmäßig in beide Versuchsgruppen aufgeteilt wurde. Aus diesem Grund konnte immer nur ein Teil der Tiere in jeder Gruppe zu Beginn der Laktation und in der Hochlaktation nennenswert Kraftfutter mit hohem Ackerbohnenanteil aufnehmen.

Beim Einsatz begrenzter Ackerbohnenanteile bis zu 4 kg je Kuh und Tag lohnt die kostenintensive thermische Behandlung nicht. Um einen positiven Einfluss der hydrothermischen Aufbereitung von Ackerbohnen zur besseren Proteinversorgung am Darm der Wiederkäuer mit dem Effekt einer stabileren Milchleistung zu prüfen, müssten in einem Folgeversuch deutlich höhere Einsatzmengen im Hochleistungsbereich geprüft werden.

Autor: Anne Verhoeven, Dr. Sebastian Hoppe und Dr. Martin Pries