Sommergetreide: Ergebnisse der Landessortenversuche 2023

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Sommerweizen im Sortenversuch

Aufgrund des diesjährigen Witterungsverlaufs und der daraus resultierend oft späten Aussaat in Kombination mit längeren Dürreund/oder Regenphasen waren die Erträge und Qualitäten bei Sommergetreide sowohl in der Praxis als auch in den nordwestdeutschen Versuchen deutlich geringer als in den Vorjahren. Auch bei erhöhten Saatdichten blieben die Bestandesdichten gering und konnten dies nur selten durch eine höhere Anzahl an Körnern/Ähre beziehungsweise eine höhere Tausendkornmasse kompensieren. Die geringen Kornerträge begünstigten den Proteingehalt. Auswuchs, Zwiewuchs und daraus resultierend geringe Hektolitergewichte beziehungsweise hohe Schmachtkornund Spelzenanteile ließen eine abschlagsfreie Vermarktung aber nur selten zu. Darüber hinaus blieb die Saatgutproduktion deutlich hinter den geplanten Mengen zurück. Dies führt in Kombination mit den Problemen bei der diesjährigen Aussaat der Winterungen dazu, dass die Saatgutverfügbarkeit bei Sommergetreide geringer ist als in den Vorjahren und bestimmte Sorten möglicherweise bereits frühzeitig nicht mehr erhältlich sind.

Die insgesamt schwierige Saison 2023 beeinflusste auch die Auswertbarkeit der diesjährigen Versuche mit Sommergetreide. Besonders die späte Aussaat und die daraus resultierend geringe Bestockung führten dazu, dass sortenoder bodenbedingte Unterschiede im Feldaufgang sich stärker auf den Ertrag auswirkten als in durchschnittlichen Jahren. Bei insgesamt eher geringem Befallsdruck wirkte sich ein intensiverer Fungizidund Wachstumsreglereinsatz nicht immer positiv auf die Sortenleistung aus. Darüber hinaus ließen sich vor allem zwiewüchsige Bestände nicht optimal beernten. Aufgrund von hohen Grenzdifferenzen wurden der Sommerweizen LSV+WP in Blomberg-Siebenhöfen und länderübergreifend insgesamt 11 weitere Versuche von der nordrhein-westfälischen Auswertung ausgeschlossen. Beim Sommerhafer werden darüber hinaus ab dieser Ernte die in den Marschgebieten angelegten Versuche als getrenntes Anbaugebiet bewertet. Dennoch bleibt auch für die übrigen Versuche zur Ernte 2023 festzuhalten, dass diese nur mit entsprechender Vorsicht interpretiert werden sollten und für die Bewertung der Sortenleistung und die daraus resultierenden Sortenempfehlungen grundsätzlich mehrjährige Ergebnisse genutzt wurden.

Sommerweizen

Als neue Hauptempfehlung für Sommerweizen hat sich nach 2-jähriger Prüfung die Sorte KWS Jordum

(B) bewährt. KWS Jordum (B) kombiniert hohe Kornerträge mit einer guten Standfestigkeit, Blattund Ährengesundheit sowie leicht überdurchschnittlichen Qualitätseigenschaften. Licamero (A) erzielte in den Versuchen zur Ernte 2023 überraschend gute Erträge und wird daher nach wie vor und besonders als Wechselweizen empfohlen. Die Anbauund Qualitätseigenschaften sind insgesamt eher unterdurchschnittlich. Auf einen möglichen Befall mit Gelbund/oder Braunrost ist zu achten. KWS Carusum (E) erreicht als qualitätsbetonte Sorte zwar nur durchschnittliche Erträge, ist aber ausgesprochen blattgesund aufgrund des hohen Proteingehalts und der sicheren Fallzahl zuverlässig und gegebenenfalls auch höherpreisig zu vermarkten. Patricia (B) wird als begrannter Sommerweizen mit leicht überdurchschnittlichen Kornerträgen sowie einer geringen Lagerneigung und Anfälligkeit gegenüber Mehltau empfohlen. Die erhöhte Gelbrostanfälligkeit ist zu beachten. Winx (A) erzielte in den Landessortenversuchen zur Ernte 2023 erneut hohe Kornerträge und wird daher ebenfalls für den Anbau empfohlen. Die erhöhte Lagerneigung und Anfälligkeit gegenüber Blattund Ährenkrankheiten erfordern allerdings eine

an den jährlichen Witterungsverlauf und den Befallsdruck angepasste Pflanzenschutzintensität. Alle genannten Sorten werden auch für eine Aussaat ab dem späten Herbst beworben. Als Wechselweizen hat sich darüber hinaus Broca (A) bewährt. Die kurzstrohige Sorte ist im Vergleich zu Licamero deutlich später im Ährenschieben und der Kornreife und weniger anfällig für Blattkrankheiten. Die Qualitätseigenschaften sind insgesamt eher leicht unterdurchschnittlich zu bewerten. Die bereits älteren Sorten Quintus (A) und Servus (A) sind im Handel nach wie vor präsent, erzielen im Vergleich zu den empfohlenen Sorten aber etwa 5-10% geringere Erträge und sind auch hinsichtlich der Anbaueigenschaften insgesamt negativer zu bewerten.

Sommerfuttergerste

Hauptempfehlungen für Sommerfuttergerste bleiben die Sorten Kimberly und LG Belcanto ergänzt um LG Rumba. Kimberly erzielt mehrjährig zwar nur durchschnittliche Kornerträge, überzeugt aber mit einer im Vergleich zu den anderen geprüften Sorten etwas besseren Standfestigkeit, Strohstabilität und Blattgesundheit. LG Belcanto erreicht durchschnittlich und mehrjährig etwas höhere Erträge. LG Rumba überzeugt nach 2-jähriger Prüfung durch hohe Kornerträge in Kombination mit einer guten Standfestigkeit, einer durchschnittlichen Blattgesundheit und einem hohen Hektolitergewicht. Bei allen vorgenannten Sorten ist die Saatgutverfügbarkeit allerdings begrenzt. RGT Planet wird als langjährig etablierte Sorte mit immer noch durchschnittlichen Ertragsleistungen weiter empfohlen. Die höhere Lagerneigung und die geringere Strohstabilität sind zu beachten. Die Sorte wird auch für eine späte Herbstaussaat beworben und lässt sich abhängig von der erreichten Qualität gegebenenfalls als Braugerste vermarkten. Lexy erzielt als Futtergerste nur leicht unterdurchschnittliche Erträge, wird aber bevorzugt auch als Braugerste angenommen, wenn die entsprechenden Qualitätsanforderungen erfüllt sind.

Sommerhafer

Hauptempfehlungen für den Anbau von Sommerhafer bleiben die Sorten Max (bei Vermarktung), Lion (als Schälhafer) und Magellan (als Futterhafer). Max erzielt mehrjährig nur noch unterdurchschnittliche Kornerträge und ist aufgrund der relativ hohen Anfälligkeit für Lager, Halmknicken und Mehltau auch anbautechnisch eher negativ zu bewerten. Das auch im Vergleich zu den neueren Sorten zuverlässig höhere Hektolitergewicht kann für die Vermarktung aber entscheidend sein und trägt dazu bei, dass Max sowohl von der Futtermittelindustrie als auch von Schälmühlen meist gerne angenommen wird. Lion erzielt als Schälhafer ähnliche Ertragsleistungen wie Max bei einem nur etwas geringeren Hektolitergewicht und deutlich besseren Schäleigenschaften. Die Sorte ist im Vergleich zu Max später in der Abreife, standfest und strohstabil aber anfälliger gegenüber Mehltau. Magellan kann als etwas späterer Futterhafer mit hohen Kornerträgen und durchschnittlichen Anbaueigenschaften überzeugen. Delfin wird aufgrund der hohen Standfestigkeit und Strohstabilität sowie der Mehltauresistenz trotz nur durchschnittlicher Erträge für den Anbau als Futterhafer empfohlen. Die verzögerte Abreife des Strohs kann allerdings zu Problemen bei der Ernte führen. Fritz erzielt als frühe Sorte mehrjährig leicht überdurchschnittliche Kornerträge und wird aufgrund der hohen Tausendkornmasse und des durchschnittlichen Hektolitergewichts gegebenenfalls auch als Schälhafer angenommen. Besonders auf gut versorgten Böden erfordern die geringe Standfestigkeit und Strohstabilität einen an die Bestandsentwicklung und den Witterungsverlauf angepassten Einsatz von Wachstumsreglern. Scotty kann als einziger aktuell geprüfter Weißhafer mit überdurchschnittlichen Kornerträgen und insgesamt guten Anbaueigenschaften überzeugen. Das geringe Hektolitergewicht kann allerdings die Vermarktung erschweren und die Saatgutverfügbarkeit ist gering. Platin erzielte in den Versuchen zur Ernte 2023 auf besseren Standorten nur unterdurchschnittliche Erträge und wird daher trotz insgesamt guter Sorteneigenschaften weiterhin nur eingeschränkt für den Anbau auf Löss und Lehm oder in den Mittelund Höhenlagen empfohlen. Auf leichten Böden hingegen kann die Sorte mehrjährig auch ertraglich überzeugen. Asterion kann in den Versuchen zur Ernte 2023 insgesamt nicht an die Ertragsleistungen in den vorherigen Wertprüfungen anschließen, wird aufgrund der leicht überdurchschnittlichen Anbauund Qualitätseigenschaften und der im Vergleich zu anderen Sorten guten Saatgutverfügbarkeit aber trotzdem für den Anbau zur Probe auf guten Standorten empfohlen. Auf leichten Böden hat sich die eher späte Sorte bisher nicht bewährt. Karl überzeugt im ersten Prüfjahr in fast allen Versuchen mit überdurchschnittlichen Kornerträgen und kombiniert diese mit leicht überdurchschnittlichen Anbauund guten Qualitätseigenschaften. Die Sorte wird daher für alle Anbaugebiete für den Probeanbau empfohlen und hat das Potential zukünftig eine Hauptempfehlung zu erhalten.

Autor: Johannes Roeb, Heinz Koch